„Stress“, so lautet eine schlüssige Definition, „entsteht in Situationen, die als sehr belastend und zugleich unveränderlich empfunden werden.“ Die gegenwärtigen Bedingungen bieten infolge der Corona-Pandemie eine Fülle dieser extremen Situationen: wichtige Marktsegmente brechen schlagartig weg, das Kundenverhalten ändert sich gravierend, kurz- und mittelfristige Ziele scheinen plötzlich unerreichbar.

Mit der abrupten Veränderung der äußeren Umgebung ändern sich auch die Anforderungen für diejenigen, die in Unternehmen Verantwortung übernehmen. Die Gestaltung der Arbeitsabläufe erfordert erhebliche Kreativität und Flexibilität von allen Seiten. Hygienekonzepte bilden dabei nur die Spitze des Eisbergs, unter welchem eingespielte Abläufe empfindlich gestört werden oder ganze Prozesslandschaften förmlich einfrieren. Wichtige Routinen erodieren.

Mit der Notwendigkeit zur Improvisation und Veränderung erhöhen sich auch die Anforderungen an die Mitarbeiter*innen. So kann sich das rasant verbreitende „Home Office“ als persönliche Offenbarung, aber auch als maßlose Überforderung erweisen. Latente Ängste um die Gesundheit und den Arbeitsplatz können in der Isolation ebenso verheerende Folgen haben, wie der Verlust von Routinen und Kontakten zu unterschiedlichsten Stressreaktionen führen kann. Auch wenn der „Faktor Mensch“ durch die Verlagerung des Arbeitsplatzes in das Private aus dem Sichtfeld gerät, so gewinnt er in der Unternehmensorganisation durch die extremen Rahmenbedingen erheblich an Gewicht.

Erfordert eine verbreitete Verunsicherung in der Wirtschaft mehr denn je eine professionelle Führungsarbeit, so stellt sich die Frage, wie diese Führungsarbeit in einer Zeit zu leisten ist, in der erwartet wird, dass auch in der Arbeitswelt zwischenmenschliche Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren sind. Dabei bieten digitalisierte Wege der Kommunikation neue Chancen und Risiken. Gleiches gilt für die Teamarbeit unter den Bedingungen der Pandemie. Hier gilt es ebenso das Chancen- und Risikoprofil innovativer Arbeitsweisen realistisch abzuwägen und stimmige Lösungen für die Zusammenarbeit in einer gestressten Organisation zu entwickeln.

Partner für Menschen in Verantwortung

Als zutiefst menschliche Reaktion kann „Stress“ streng genommen keine passende Zustandsbeschreibung für eine Unternehmensorganisation sein. Wenn wir dennoch von einer „gestressten Organisation“ sprechen, so tun wir das in dem Bewusstsein, dass die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen von Menschen geleistet wird, die in Unternehmen Verantwortung für die Gestaltung von Arbeit übernehmen und gegenwärtig massiven Stressoren ausgesetzt sind.

Als Partner für Menschen in Verantwortung nehmen wir auch diese Herausforderung ernst. Mit dem Motiv der „gestressten Organisation“ haben wir ein Update für unseren bewährten Beratungsansatz entwickelt, um gemeinsam mit Ihnen an den strategischen Ankerpunkten ihrer Organisation maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten. Denn die gegenwärtigen Bedingungen bietet neben allen Unwägbarkeiten und Widrigkeiten auch die Chance, Gutes dauerhaft besser zu machen.

Stresstest für das Produkt-Portfolio

Mit der Pandemie hat sich der Bedarf an Gütern und Leistungen teilweise dramatisch verändert. In vielen Marktsegmenten ist die Nachfrage gegenwärtig stark eingeschränkt oder gänzlich eingebrochen. Zugleich sind neue Bedürfnisse und Erwartungen entstanden, die nach guten Ideen und innovativen Lösungen verlangen.

Manche Entwicklungen werden zukünftig zu grundlegenden Veränderungen von Konsumgewohnheiten und Kundenbedürfnissen führen, während andere als pandemisch entfachte Strohfeuer schnell verlöschen. Es bedarf der gründlichen Analyse und kreativer Arbeit, um die neben pragmatischen Anpassungsleistungen auch konstruktive Impulse in Folge der radikal veränderten Rahmenbedingungen wirksam werden zu lassen.


Zeit für die Pole Position

Vereinbarte Ziele gelten als Versprechen. Unter den gegebenen Bedingungen können allerdings viele dieser Vereinbarungen nicht mehr eingelöst werden. Deshalb ist es wichtig, gemeinsam die gewählten Prioritäten zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu bewerten. Neben den eher kurzfristig terminierten operativen Zielen ist vor allem auch die Neubewertung von strategischen, also mittel- bis langfristigen Zielstellung überaus wichtig.

Es ist eine Frage der unternehmerischen Orientierung, ob die Energie trotz der widrigen Umstände in die Erreichung kurzfristiger Ziele fließt, oder in die gelungene Positionierung des Unternehmens in den absehbaren Aufschwung.

Routinen reflektieren

Standardisierte Abläufe und gewohnte Routinen entlasten die Organisation und sind eine wichtige Grundlage für effiziente Arbeit. Unter den gegebenen Bedingungen gerät die Ökologie der Prozesslandschaften jedoch unter Druck. Nicht immer sind die auftretenden Irritationen und Störungen aussagekräftig. Dennoch kann die erforderliche Flexibilität und Innovationskraft auch zu erfreulichen Resultaten und neuen Blickwinkeln führen.

Eine systematische Analyse hilft, das Potenzial neuer Ideen im Aufbau und den Abläufen zu erkennen und in der Organisation dauerhaft zu verankern.

 An Deck bleiben

Die pandemiebedingten Restriktionen greifen nicht nur tief in der Arbeitswelt hinein. Sie fordern von vielen Menschen auch in persönlicher, familiärer und sozialer Hinsicht kontinuierlich Höchstleistungen. Arbeit kann dabei schnell zu einer lästigen Nebensache geraten. Alltägliche Strukturen und Rhythmen verändern sich oder lösen sich gar ganz auf. Der plötzliche Entzug von Gewohnheiten kann als Ausstieg aus dem Hamsterrad wahrgenommen werden und in erfrischenden Tagesabläufen und Arbeitsformen ganz neue Kräfte freisetzten. An anderer Stelle verliert die Zukunft zunehmend an Gewissheit, während in der Gegenwart eine irritierende Fülle von Wahrheiten gehandelt werden. Desorientierung und eine gereizte Stimmung können die Folge sein. Zum Lachen – so scheint es an manchen Ort – geht man besser in den Keller.

Unter den Vorzeichen sich verlierender Bindungskräfte sind intelligente Konzepte erforderlich, um die Mitarbeiter*innen an Deck zu halten. Bei dieser Aufgabe ist es sicherlich ratsam und lohnenswert, auf der Suche nach tragfähigen Lösungen die Betroffen zu beteiligen.

Und was macht die Kultur?

Unterauslastung, Kurzarbeit und Home Office wirken als zentrifugale Kräfte. Gemeinsame Ziele verlieren an Strahlkraft. Persönliche und berufliche Ziele beginnen sich im Alltag zu vermischen und mancherorts macht sich gar Fatalismus breit. Gerade unter den gegebenen Bedingungen wird eine professionelle Führungsarbeit, gelebter Teamgeist, gute Kommunikation und die zeitnahe Klärung von Konflikten immer wichtiger. Diese Kulturmerkmale können den Mitarbeiter*innen Halt geben und die Unternehmensorganisation maßgeblich stabilisieren.

Wenn es heißt, dass gerade unter Stress die besonderen Stärken und Schwächen eines Menschen sichtbar werden, dann gilt diese Erkenntnis auch für die Unternehmenskultur. Es lohnt sich, die gegenwärtige Situation bewusst als Stresstest zu verstehen und die Qualität der Führungsarbeit, der Teamarbeit, der Kommunikation und der Konfliktklärung genauer zu betrachten. Denn auch nach der Krise prägen diese Faktoren den Unternehmenserfolg.

Das persönliche Stressmanagement

Nicht selten neigen Menschen in Verantwortung dazu, diese für sich selbst zu vergessen. Dabei hieß es an der Küste schon immer wenn der Wind aufkam: „Eine Hand für‘s Schiff – und die andere für den Steuermann.“ Gerade in Zeiten großer Herausforderungen ist ein aktives Stressmanagement auch für Steuerfrauen und Steuermänner unverzichtbar. Es ist letztendlich ein Zeichen von Professionalität, wenn Menschen in Verantwortung sich genügend Zeit für sich selber nehmen.

Denn ein gutes Krisenmanagement beginnt im Umgang mit sich selbst und vermeidet Aktionismus ebenso, wie Fatalismus.

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